Macht Stricken oder Häkeln geistig fit?!

Neue Dynamik der Handarbeit in Zeiten der Digitalisierung

Das bescheidene Image der Handarbeit bekommt einen frischen Wind. Besonders junge Generation entdeckt ihre Leidenschaft fürs Stricken, Häkeln und Nähen. Das weitverbreitende Internet macht es möglich, die Anleitungen von Strick- bzw. Häkelmustern kostenlos und schnell per Mausklick anzuschauen bzw. runterzuladen. Video-Anleitungen auf youtube erzielen Tausende von Klicks. In Strickcafés oder in Socialmedia-Gruppen wie z.B. bei Facebook tauschen die Fans Tipps und Tricks zu ihrem leidenschaftlichen Hobby aus.

Während die Online-tools, wie z.B. das mobile Internet, dafür sorgen, dass wir ständig und überall erreichbar sind, sorgt Handarbeit für Relaxen und Stressabbau.

Handarbeit kann Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörung vorbeugen

"Für viele ist das Stricken eine Art Meditationshilfe", erklärt Karl Strünkelnberg von der "Deutschen Gesellschaft für therapeutische Hypnose" gegenüber der "Freien Presse" (FP). Das regelmäßige Anschlagen von Maschen aktiviere die gleichen Hirnareale, die auch bei Yoga oder anderen Entspannungsübungen angeregt werden. Des Weiteren kann das Ausüben dieses Hobbys den Blutdruck und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant sinken.

Durch den natürlichen Alterungsprozess kommt es bereits im mittleren Lebensalter, spätestens aber ab 50 zur langsamen Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit. Wie schnell diese Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung auftritt, hängt nicht nur allein von der genetischen Veranlagung ab. Einen großen Einfluss hat auch die Art, wie wir unser Gehirn fordern. Wer zahlreiche Stunden vor dem TV-Gerät täglich verbringt, spornt sein Gehirn nicht unbedingt zu Höchstleistungen an. Im Gegenteil dazu bringen aktive Tätigkeiten wie Lesen, Spielen, Lösen von Soduko-Rätsel oder Handarbeit das Hirn auf Trab.

Stricken und Häkeln fürs Langzeitgedächtnis

Eine Untersuchung der Universität Cardiff stellte fest, dass Stricken bzw. Häkeln nicht unbedingt das Merken neuer Vokabeln verbesserte, wohl aber deren Abruf aus dem Gedächtnis. So konnten sich Studien-Teilnehmer während des Strickens an deutlich mehr gelernte Fremdwörter erinnern als ohne die begleitende motorische Tätigkeit.

Wissenschaftler vermuten sogar, dass der Effekt von Dauer ist. Wer beim Vokabelabfragen zu Hause nebenbei strickt, kann mehr Begriffe im Langzeitgedächtnis speichern und noch viele Tage später wiedergeben. Der Grund dafür ist die bessere Vernetzung der Gehirnhälften, welch durch rhythmischen und beidseitigen Handbewegungen entsteht. Das hält den Geist fit! Deswegen ist Handarbeit schon lange Zeit als eine ergänzende Behandlungstherapie anerkannt worden und wird erfolgreiche bei Ergotherapeuten eingesetzt.

Es ist übrigens niemals zu spät, um noch mit dem Nähen, Stricken, Häkeln oder anderer Handarbeit anzufangen. Denn die positive Wirkung zeigt sich auch dann noch, wenn erst in hohem Alter damit begonnen hat.